Betreff: Betroffen – Deutsche Sprache, schwere Sprache

Ein Blick in ein Lexikon hilft und bringt oft neue Ideen (Foto: Nathalie Hammes)

In letzter Zeit lese ich oft von „betroffenen“ Menschen. Man könnte glauben, dass von Personen gesprochen wird, die emotional von einer Sache oder einer anderen Person angesprochen sind. So wie man sagt: „Ich bin sehr betroffen aufgrund dieses Umstandes“.  Der Duden schreibt dazu: durch etwas (Negatives, Trauriges) verwirrt, innerlich bewegt, berührt sein.

Allerdings ist der Kontext, den ich hier anspreche, ein anders genutzter als gerade beschrieben. In dem Fall handelt es um die entsprechenden Menschen, die Personen, um die es in irgendeiner beschriebenen Situation geht.

Dieses Phänomen, dass diese beiden Worte nicht auseinander gehalten werden können, begegnet mir in letzter Zeit immer wieder.

Wörter haben unterschiedliche Bedeutungen, je nach Kontext 

Anscheinend ist es schwierig, diese beiden Worte mit ihrer jeweiligen Bedeutung auseinander zu halten. Vielleicht bin ich etwas penibel, das muss ich zugeben. Doch meine Haare stellen sich zu Berge, wenn in einem Gespräch oder in einer Rede diese falsche Nutzung vorkommt. Und ich schreibe hier nicht über Versprecher wie zum Beispiel „das war eine Syphilis-Arbeit“, wenn eigentlich Sisyphos meint (jap, das wurde wirklich einmal gesagt).

So hatte erklärte mir einmal jemand „… bei der Feier werden die betroffenen Mitarbeiter…“ – „Äh, Sie meinen, die zu beglückwünschenden Mitarbeiter?“ (Kontext: Personen werden aufgrund eines Dienstjubiläums beglückwünscht, es gibt also etwas u feiern und niemand ist emotional betroffen). Ein weiteres Beispiel sind die „betroffenen Regionen“: Gemeint waren in diesem Zusammenhang die „entsprechenden“ Regionen beziehungsweise die zuvor im Text  genannten (Kontext: Regionen, die sich für Fördergelder beworben hatten).

Deutsche Sprache, schwere Sprache: Ist das wirklich so?

Oft bekommt man zu hören, Deutsch sei eine schwere Sprache: Pluralbildung, Unterscheidung Genetiv und Dativ, Rechtschreibung, Interpunktion (Wir essen jetzt Opa – Wir essen jetzt, Opa), Superlativ von einzig, dass und das, Tod und tot, seid und seit … – kein Wunder, dass einem da der Kopf glüht.

Auch die deutschen Artikel machen vielen Kopfzerbrechen. Bei unseren ausländischen Nachbarn machen wir uns mit dem neutralen Artikel keine Freunde. Dazu hatte ich einmal ein sehr witziges Gespräch mit einem Engländer; erklärt jemandem bitte, warum es das Brot, jedoch der Bus heißt, beides Dinge. Die Artikelverwendung wird in der Tat als sehr schwer von denjenigen empfunden, die als Muttersprachler nur zwei oder sogar nur einen Artikel im Sprachgebrauch haben.

Bei Personen, die nicht von klein auf die deutsche Sprache gelernt haben, kann ich nachvollziehen, dass noch an Feinheiten im Sprachgebrauch geschliffen werden kann. Leider stelle ich in der alltäglichen Kommunikation mit in Deutschland aufgewachsenen Personen fest, dass Rechtschreibung und Grammatik nicht den höchsten Stellenwert habe. Leider, wie ich finde.

Wenn ich meine Timeline bei Facebook durchlese, stelle ich fest, dass immer mehr Menschen die Kommentarfunktion nutzen. Auf einen guten Ausdruck scheint der Fokus bei vielen nicht zu liegen, wenn ich die Rechtschreibfehler sehe, dazu die fehlenden Kommata, was das Lesen eines Kommentars erschwert. Ein schönes Beispiel heute waren die „riegierungen“ (Anmerkung: beim ersten Tippen dieses Wortes schrieb die Autokorrektur die Buchstaben in „Regierungen“ um. Soweit ich weiß, hat Facebook keine Autokorrektur; sollte Herr Zuckerberg mal einbauen 🙂 ).

Sprache ist Ausdruck von Kultur und Identität und hat Einfluss auf die Reputation

Ich finde das ziemlich schade, dass viele sich anscheinend kaum Mühe geben oder denken, im Internet sei das nicht so wichtig, denn die geschriebene Sprache ist doch wirklich etwas schönes. Sprache ist Ausdruck von Kultur und von Identität. Den einen oder anderen Fehler mache ich bestimmt auch, doch ich bemühe mich, meine Texte so zu schreiben, dass sie gut lesbar, dass sie verständlich sind. Ich schreibe mit dem Ziel, dass  andere diese Texte lesen und sie nachvollziehen können, dass sie mir antworten und ein Dialog entsteht.

Doch dieses Sich Bemühen scheint viele überhaupt nicht zu interessieren. Unabhängig von der Aussage des Kommentars hinterlässt der Verfasser letztendlich keinen guten Eindruck bei mir (was auch nicht weiter wichtig ist, ich kenne ihn eh nicht). Doch hinterfrage ich gleichzeitig den Sachverstand eines Menschen und ziehe Schlüsse über seine Expertise. Letztenendes ist es so, dass ich über (vermehrte) Rechtschreibfehler einen schlechten Eindruck hinsichtlich der Cleverness einer Person bekomme. Klar formuliert: Verfasst jemand einen Text mit vielen Fehlern, halte ich ihn arroganterweise und vorurteilsbefangen für blöd und urteile so auch gleich über die inhaltliche Qualität des Kommentars.

Genügend Vergleichsmaterial findet sich hinsichtlich der aktuellen Diskussionen zur Flüchtlingspolitik bei Facebook, oft bei Artikel von Bild.de (was ich hier absichtlich nicht verlinke). Bemerkenswert finde ich diejenigen Kommentare, in denen ihr Verfasser ein Liebeslied auf die deutsche Sprache und ihr Erlernen singt, jedoch selbst ein paar Stunden Nachhilfe in Sachen Sprachgebrauch gebrauchen könnte. Zum Thema Deutsche und deutsche Rechtschreibung las ich folgenden Artikel. Auch wenn der „Mehrtürertod“ erstmal witzig erscheint, macht mich das betroffen, emotional gesehen. 😉

Gerade hinsichtlich der eigenen Reputation sollte es doch jedem am Herzen liegen, sich selbst in einem guten Licht zu präsentieren, wer weiß, wer da mal über einen Kommentar stolpert. Das Internet unterscheidet nämlich nicht zwischen geschäftlich und privat, online ist online.

Wer Schwierigkeiten beim Schreiben hat, dem empfehle ich, viel zu lesen, sich jeden Tag ein Fremdwort anzueignen oder mit Synonymen und Antonymen zu spielen.

Ich für meinen Teil fände es sehr schön, wenn man sich wieder mehr Mühe beim Schreiben geben würde.

Wie sehen Sie das? Sind Sie auch schon über oder eher durch Texte gestolpert, die man nicht flüssig lesen konnte?

Kurz hinweisen möchte ich in diesem Zusammenhang auf den Artikel „OMG! Chatsprache – Gefahr oder Chance?„, der sich mit der Frage beschäftigt, in wieweit die soziale Netzwerke Einfluss auf Rechtschreibung haben.